Felix Kubin ist manchen bekannt als janusköpfiger Poltergeist der retrofuturistischen elektronischen Tanzmusik. Andere sehen in ihm eher den preisgekrönten Hörspielmacher und Arrangeur komplexer Orchester- und Bigband- Kompositionen. Für zeitgenössische Experimentalmusiker ist er die personifizierte Sehnsucht nach Pop. Für Produzenten von Pop- und Clubmusiken ist er der Baumstamm, der die tiefe Kluft zwischen ihnen und der Hochkultur überbrückt. Einig sind sich alle Lager aber darin, dass dort, wo Kubin auftaucht, Beton und Plastik schmelzen.
Hubert Zemler, 1980 in Warschau geboren, begann 1999 an der Frédéric-Chopin-Akademie für Musik in seiner Heimatstadt eine klassische Schlagzeugausbildung. In der Folgezeit spielte er in Sinfonieorchestern ebenso wie in experimentellen Ensembles und Popbands. Geschult an Jazz, zeitgenössischer Musik und Improv ist der Drummer, Perkussionist und Komponist der kongeniale Gegenpol zur aberwitzigen kubinschen Elektronik.
Das Debutalbum des deutsch-polnischen Duos CEL ist ein Versuchslabor für Rhythmusschleifen und elektrostatische Entladungen. Unter der erfahrenen Hand des Hamburger Produzenten Tobias Levin entstanden sieben in sich geschlossenene Instrumentalstücke, deren Klangpalette durch Vibrafon, Xylofon und afrikanische Perkussion erweitert wurde. Zemlers sparsame Motorik und Kubins erratische Elektronik greifen passgenau ineinander. Die vorherrschende Grundstimmung auf diesem Album ist eine Art konzentrierte Rastlosigkeit. Wie sehr manche Stücke auch über ihre Ufer treten mögen, wie nah am Rande des Wahnsinns so manche Steigerung der Steigerung auch sein mag – auf diesem Album sitzen jede Bewegung und jeder Ton. Maßlosigkeit hat hier System. Irrsinn hat hier Methode.
Ein beunruhigender elektronischer Puls zieht seine Filterbahn durch „Ping Korridor“. In seinem über zehnminütigen Verlauf ändert aber das Stück seine Atmosphäre von beklemmend zu offen. So wie viele der Tracks durchzogen sind von überraschenden Wendungen. Hier ist kein Raum für kopfnickende Verschlafenheit, im Gegenteil: Gerade dann, wenn man meint, nun sei alles gesagt und das Pulver sei verschossen, ändert das Stück plötzlich seine Richtung. Dadurch werden weder Musik noch Zuhörer gebremst, vielmehr angetrieben und hellwach noch tiefer hinein gezogen ins Geschehen.
Wir hören geisterhaft flirrende Synths und sparsame Akzente auf dem Schlagzeug in „ Lichtton“. Da sind zackige Rhythmen und tanzende No-Wave-Gerippe in „ Elektrybałt“. „Funkenkammer“ ist ein Acid-Monster mit blank liegenden Nerven. Bei „Jimmy Carter“ gerät der Tanzboden so sehr ins Schwingen, dass am Ende Menschen und Möbel polternd ineinanderpurzeln. Und man fragt sich: Wie ist so etwas menschenmöglich? Wie kann etwas so teutonisch und eckig daherkommen und dabei so dermaßen grooven?
Auf diesem Album treibt Felix Kubin seine Klangerzeuger an die Grenzen des Frequenzspektrums. Hubert Zemler liefert wunderbar treibende, maschinenhafte Beats und dunkle Klangmalerei. Dieses Album klingt, als sei es immer schon da gewesen. Als habe es Generationen von Musikern inspiriert. Ein zeitloser Klassiker.
Some will know Felix Kubin as the Janus-faced poltergeist of retrofuture electronic dance music. To others, he is an award-winning radio dramatist, an arranger of complex orchestral and big band compositions. Contemporary experimental musicians see him as the personification of pop desire. For producers of pop and club music, meanwhile, he is a tree trunk spanning the deep gorge between them and high culture. One thing they can all agree on: when Kubin shows up, concrete and plastic melt.
Born in 1980, Hubert Zemler enrolled at the Fryderyk Chopin Academy of Music in his home town of Warsaw in 1999. His classical training encompassed jazz, contemporary music and improvisation, positioning the drummer, percussionist and composer as a congenial counterweight to Kubin’s ludicrous electronica.
The debut album from this German-Polish duo CEL is a test laboratory for rhythmic cadences and electrostatic discharges. Under the expert guidance of Hamburg producer Tobias Levin, they have created seven self-contained instrumentals enriched by vibraphone, xylophone and African percussion. Zemler’s stripped down mechanics and Kubin’s erratic electronics dovetail superbly. A sense of concentrated restlessness pervades the album – in the greater stream of things, some tracks come close to bursting their banks whilst others scale the loftiest heights of insanity. And yet – every movement, every tone fits perfectly. There is method to the madness, an exercise in systematic excess.
A disconcerting electronic pulse traces a filtered path through Ping Korridor. In the space of something over ten minutes the atmosphere shifts from oppressiveness to openness. Indeed, unexpected twists lurk in many of the tracks, snaring the listener’s undivided attention. Blink and you’ll miss the next turning: just when you think you’ve heard it all, the last salvo fired, the music veers off in a different direction without anyone, least of all the listener, reaching for the brakes. On the contrary, it’s full speed ahead with eyes wide open, deeper and deeper into the affair.
Ghostly synths shimmer through Lichtton, punctuated by minimalist drums. No wave skeletons dance to the jagged rhythms of Elektrybałt. Funkenkammer is an acid monster dedicated to shredding your nerves. Jimmy Carter sends shockwaves across the dancefloor, causing bodies and objects to collide. You may ask: how is such a thing humanly possible? How can something so angular, so intrinsically Teutonic, groove so wildly?
This album sees Felix Kubin push his sound generators to the outer limits of the frequency spectrum. Hubert Zemler delivers wonderfully forceful, machine-like beats and dark sonic collages. An album that sounds as if it has always existed as a source of inspiration to generations of musicians. A timeless classic.